Hausmeisteroffensive

»Putz da g ́fällligst die Schuach ob, du Drecksau, do hob i grod g ́wischt!«

Der Hausmeister lehnte lässig mit überschlagenen Beinen an seinem hochkant aufgestellten Wischmob. Er war klein, sehr klein für einen Mann. Die Grundschulkinder der bosnischen Familie aus dem dritten Stock überragten ihn bereits. Aber er fühlte sich wie ein General, wenn er im Stiegenhaus in der Alpenstraße den Wedel schwang. Er führte hier das Regiment und das ließ er auch jedermann spüren.

Seine Eltern hießen Bonabartl und sie tauften ihren Sohn Napoleon. Hinter vorgehaltener Hand wurde behauptet, dass der Hausmeister in seiner Jugend ein eifriger Reiter gewesen sei. Und er wollte immer nur Hausmeister werden. Denn dies lag in seinem Naturell. Führen und beherrschen – so wollte es der Herr.

Napoleon sah sich stolz um. Das war sein Haus. Das war sein Reich. Hinter ihm, gleich im Erdgeschoss, wohnten Russen. Die hatte er bereits mundtot gemacht. Das war ein harter Kampf, aber er hatte ihn geschlagen. Erfolgreich? Na ja, einigermaßen. Mit vielen Verlusten.

»Что там происходит?«, kreischte jemand durch die Tür.
»Geh bitte, hoit de Go!«, rotzte Napoleon.
»Почему он такой громкий?«
»Geh, hoit de Pappn, i reiß ma do in Oasch auf und du kannst in Schlapfn net hoidn!« Es gab keine Zweifel. Russland war besiegt. Russland hatte zu kuschen, das war Fakt.

Erhobenen Hauptes packte Napoleon Kübel und Putzfetzen zusammen, schulterte seinen Mob und stolzierte mit geschwellter Brust in den ersten Stock. Vor der Familie Waterloo blieb er stehen.

»Immer de hinich ́n Belgier«, murmelte Bonaparte.

Er zog sich eine warme Dose Ottakringerbier aus der gerade noch ausgebeulten Tasche. Der blaue Hausmeisterkittel roch nach kaltem Schweiß und billigem Waschmittel. Er war halb in die dreckigen schwarzen Jeans gestülpt, halb hing er über den Hintern hinunter. Zischend machte Napoleon das Bier auf.

„Bist du deppert – des foahrt owe…«

Napoleon war begeistert von der warmen Prunze. Gleich darauf wurde seine Miene jedoch finster wie aufziehende Gewitterwolken im Sommer. Nelson Hammond stieg die Treppe herauf. Nelson Hammond dieser ungustiöse Mensch. Nelson Hammond dieser Arsch. Nelson Hammond dieser…Engländer. Und wie dreckig seine Schuhe waren. Und wie sauber Napoleon den Boden gewischt hatte.

Wenn Nelson Napoleon herausforderte, dann konnte er gerne Krieg haben. Der Hausmeister 1

war bereit.

»Herns Sie…jo, Sie! So geht des net!«

Der Hausmeister fuchtelte wild mit seiner Dose herum.

»Sie Engländer, sie. Mit de dreckig ́n Schuach, herns. Sie san jo a Drecksau. Sowas hob i jo no net gsehn!«

Nelson Hammond sah Napoleon an. Dann sah er seine Schuhe an. Dann hob er seine beiden Arme, in denen er beidseits jeweils eine durchsichtige Plastiktasche trug. Und dann streifte er den Schlamm auf der obersten Treppe ab.

»Fuck off!«, spuckte er Napoleon entgegen und entschwand in den zweiten Stock.

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